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Schauen wir uns das näher an: (Alles Folgende leitet sich ab von ‘Ten’ (Schwerkraft), ‘Chi’ (Normalkraft), ‘Jin’ (konkrete Absicht))

Aiki 1: Lineare gemeinsam aufkommende, wechselseitig abhängige gegesätzliche Kräfte
Aiki 2: Aiki 1 um eine zentrale Achse rotierend, dabei einen Kreis hervorbringend
Aiki 3: Aiki 1 und 2 mit zusätzlicher Torsion
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Betrachten wir, wie dies in verschiedenen Bereichen des Körpers in Erscheinung tritt:

Erzeugung von Aiki 1, 2, & 3
In den Gliedmaßen –

Aiki 1 entsteht, wenn Gewebe unter Spannung steht und Knochen Kompression erfahren
Aiki 2 entsteht, wenn Aiki 1 vorliegt und die Gliemaßen ausgestreckt oder eingezogen werden, solange beide Glieder in gleicher Weise bewegt werden (eine einrollende Bewegung wird kein Aiki 2 erzeugen). Die beiden Seiten eines Gelenks sollen sich gleichförmig wie die Schenkel einer Schere bewegen.
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Aiki 3 entsteht, wenn Aiki 1 vorliegt, die Gliedmaßen ausgestreckt oder eingezogen werden, wie in Aiki 2 beschrieben, und die unteren und oberen Glieder gleichzeitig verwunden werden. Die unteren und oberen Glieder können dabei in die gleiche Richtung oder in entgegengesetzter Richtung verwunden werden. Natürlich entsteht bei entgegengerichteter Windung größere Spannung. (‘Windung/Torsion’ wird hier verwendet mit der Bedeutung “Verdrehung eines Teils des Körpers um seine eigene Achse”.)

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Funakoshi Gichin führt Naihanchi aus. Sein Gürtel ist an seiner Seite verknotet, nicht vorne. Man erkennt, dass sein Becken mit seinen Füßen ausgerichtet ist. Aber sein Torso befindet sich eindeutig in Torsion. Im Bild ist es schwer zu erkennen, aber sein Brustbein sollte dabei in einer Linie mit seinem Bauchnabel sein. Bemerkenswert ist, dass seine Kniee mit seinen Füßen ausgerichtet bleiben.

Erzeugung von Aiki 1, 2, and 3
in Rumpf und Torso –

Aiki 1 entsteht, wenn Gewebe unter Spannung steht und Knochen Kompression erfahren
Aiki 2 entsteht, wenn Aiki 1 vorliegt und die Oberschenkelknochen und der Unterkörper gestreckt und angezogen werden sofern Oberschenkel und Rumpf sich gleichförmig wie die Schenkel einer Schere bewegen. Dies entspricht im Wesentlichen einem Box Squat, wobei man nicht notwendigerweise vollständig in die Hocke gehen muss.
Aiki 3 entsteht, wenn Aiki 1 vorliegt, Aiki 2 wie oben beschrieben vorliegt und der Rumpf verwunden ist (‘Windung/Torsion’ wird hier verwendet mit der Bedeutung “Verdrehung eines Teils des Körpers um seine eigene Achse”.) Die beste Methode Torsion in den Gliedmaßen zu erzeugen ist als Resultat einer Torsion des Rumpfes. Wie erzeugen wir also am besten eine Torsion im Rumpf?

Schauen wir uns das genauer an:

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Wenn sich die Gewebe des Rumpfes in Spannung befinden ist es am einfachsten den Rumpf gleichermaßen zu verwinden. Das ist wichtig, um Scherkräfte zu vermeiden. Scherkräfte im Körper sind nicht wünschenswert. Wie im Kommentar zu dem Bild von Funakoshi Sensei erwähnt sollte das Brustbein in einer senkrechten Linie mit dem Bauchnabel verbleiben. Als nächstes muss die Muskulatur um die Oberschenkelhälse entspannt sein, damit diese nicht wie eine Sperre für Bewegung und Kraftübertragung zwischen Oberschenkelknochen und Wirbelsäule wirken.
Insbesondere wollen wir dass der Psoasmuskel in Spannung und frei beweglich ist. Der Psoasmuskel setzt am Oberschenkelbein an, windet sich durch das Becken und setzt wiederum am Lendenwirbelbereich der Wirbelsäule an. Durch diese Verbindung beeinflussen die Bewegung von Oberschenkelbein und Wirbelsäule sich gegenseitig.
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Und das ist wichtig: es ist nicht das Ziel die Bewegung der Beide und des Torso mit einander zu koordinieren, so wie ein Dirigent die einzelnen Stimmen der Instrumente in einem Orchester koordiniert. Stattdessen soll die direkte physische Verbindung zwischen Beinen und Torso (und letztendlich zwischen Torso und Armen, aber darüber sprechen wir später) genutzt werden, so dass die Bewegung des einen gleichzeitig zur Bewegung des anderen wird.
Unser Körper wird dadurch “im voraus” verbunden. Man muss diese Verbindung nicht erst “herstellen”. Tatsächlich ist es normalerweise so dass, wenn man versucht, eine Verbindung explizit “herzustellen”, entweder einzelne Bewegungen miteinander verbunden werden oder, noch häufiger und noch schlimmer, die Vereinigung durch Kontraktion erzeugt wird. Der eigentliche initiale Prozess ist eher so etwas wie ein “spezifisches Nichts-Tun” im Körper, so dass die gewünschten Verbindungen ungehindert “ihr Ding machen können”. Dies scheint ein endloser Prozess zu sein.
Ich sage das hier jetzt noch einmal, weil es oft übersehen oder vergessen wird aber von entscheidender Bedeutung für den Fortschritt ist. Aiki widerspricht in den meisten Fällen unserer instinktiven Auffassung davon, wie die Dinge funktionieren. Es funktioniert natürlich, aber es ist eben alles andere als offensichtlich. In diesem Sinne, erinnern wir uns, dass wir Schwerkraft und Normalkraft nutzen, um Bewegung in unserem Körper zu erzeugen. Konsequenterweise ist echte Aiki-Bewegung in aller Regel ein bewusstes Nicht-Tun, um eine Bewegung zu ermöglichen, von der wir wollen, dass sie geschieht. Dies mag kontraintuitiv sein, aber es ist ist wichtig, sich dies klar zu machen.
Wenn man zum Beispiel in einer Bewegung das scheinbare Maximum der Bewegungsfreiheit erreicht hat, kann man innehalten und im Körper nachspüren, wo eine Entspannung möglich ist, wo etwas losgelassen werden kann, so dass unsere Bewegungsfreiheit um ein Weniges erweitert wird. Üblicherweise finden wir dann Stellen an denen eine Anspannung oder Kontraktion vorliegt, die eine optimale Bewegung behindert.
Klingt einfach, oder? Dinge richtig zu machen fällt anfangs meist schwer. Man benötigt Konzentration, Bewusstheit und die Fähigkeit bestimmte Bereiche des Körpers anzusprechen, derer man sich vorher möglicherweise kaum bewusst war. Damit dies zur Gewohnheit wird ist eine erhebliche Menge an aufmerksamer Übung erforderlich. Und wie das so ist besteht der Lohn häufig darin, dass man weitere Limitierungen und Blockaden bloßlegt, von denen man bisher nichts wusste. Wie Sagawa Yukiyoshi sagt: “Man kann immer noch weniger tun.” und das ist genau dieses “Nicht-Tun”.
Wenn man anfängt mit mit genügend “Nicht-Tun”, stellt man bald fest, dass man die für einen “Aiki-Helden” erforderliche physische Entwicklungsstufe noch nicht erreicht hat. Es findet ein Anpassungsprozess statt, der beginnt, wenn man beginnt, den eigenen Körper in dieser einzigartigen Weise zu benutzen. Es ist klar, dass sich hier keine plötzlichen Erfolge “über Nacht” einstellen. Erkenntnisse und Einsichten mögen plötzlich kommen, aber physische und neurologische Entwicklung gehen für jeden Einzelnen im eigenen Tempo … was üblicherweise deutlich langsamer als erhofft ist. Das sind die schlechten Nachrichten. Die gute Nachricht ist, dass solche progressive Anpassung bis in die eigenen “goldenen Jahre” stattfinden kann.
Es gibt im Wesentlichen zwei verfügbare Formen der Bewegung. Wenn die Füße mit dem Boden “verankert” sind, kann der Torso sich bewegen. Andererseits kann der Torso verankert sein, und die Füße bewegen sich. In beiden Fällen liegt Torsion im Gewebe von Torso und Beinen vor.
Eins will ich noch erwähnen, bevor ich für diese Woche Schluss mache: Nicht nur manipulieren wir Yin/Yang in bestimmter Weise um Aiki hervorzubringen. Sondern die Wirkungen von Aiki, das wir in unseren Körpern erzeugen, zeigen sich nicht nur außerhalb unserer Körper, wie wenn wir zum Beispiel diesen Schwergewichtsjudoka durch das Dojo werfen (vor dem Aufwachen). Die Wirkungen von Aiki geschehen genauso in unserem Körper.
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Viel näher werden wir der Idee der “ewigen Jugend” nicht kommen. Die Gewebe werden in einer Art verwendet, dass sie verdicken und Elastizität entwickeln. Und da sie mit den Knochen verbunden sind, passen sich die Knochen an im Einklang mit der Entwicklung der Gewebe. Und anstatt unsere Knochen so aneinander zu reihen und aufzustocken, dass es zu Konflikt, Widerstand und Beschädigung kommt, konzentrieren wir uns darauf, unsere Gelenke so zu nutzen, dass sie sich frei bewegen und Kräfte im Innern zerstreuen.
In der nächsten Woche beschäftigen wir uns mit nützlichen Methoden, wie wir auf vernünftige Weise die hier diskutierten Bewegungen von Torso und Beinen entwickeln können.


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