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Hallo zusammen, den folgenden Text schrieb ich als Antwort auf einen auf Spanisch verfassten Beitrag auf Facebook, und ich dachte, ich teile ihn hier mit Euch. Auf jeden Fall ist es etwas, worüber man nachdenken kann.

Was könnte respektloser sein, als die Menschlichkeit eines Mitmenschen zu ignorieren? Morihei Ueshiba war ein Mensch. Und als Mensch arbeitete Ueshiba Morihei hart und aufopferungsvoll für seine Errungenschaften und Leistungen. Es waren keine “Gaben”, die ihm von “hoch droben” zuteil wurden. Solches zu behaupten setzt Ueshibas erworbene Fähigkeiten herab in dem Bemühen, sich selbst einen ähnlichen Aufwand an harter Arbeit und Aufopferung ersparen zu wollen.  

Was könnte respektloser sein, als sich selbst davon frei zu sprechen, die Worte des “Großen Lehrers” zu studieren und sie abzutun mit der Begründung: “Er war ja ein Mystiker.” Wenn der “Große Lehrer” gewollt hätte, daß seine Worte ignoriert werden, weil er ein Mystiker und damit per se unverständlich war, würde er diese Worte dann beständig wiederholt haben? 

Was könnte respektloser sein, als sich selbst von der Aufgabe und dem Versuch frei zu sprechen, die Fertigkeiten des “Großen Lehrers” zu erreichen, einfach indem man glaubt, dies sei ohnehin unerreichbar? Hätte der “Große Lehrer” soviel Zeit darauf verwendet zu unterrichten, was er unterrichtete, wenn er wirklich der Ansicht war, daß das Unterrichtete für Andere unerreichbar war?

Es ist eine oberflächliche Theorie, auch wenn sie hübsch und verständlich daherkommt, die die tatsächlichen Schwierigkeiten einer Sache ignoriert.  

Hier sind ein paar Dinge, über die es sich lohnt nachzudenken:  

Ueshiba Morihei schloss sich in seinen Zwanzigern der Omoto Kyo an und blieb bis zu seinem Tod mit der Bewegung verbandelt. Innerhalb der Omoto Kyo kam er nicht zu besonderem Ansehen in seiner Eigenschaft als Mystiker, sondern wegen seiner herausragenden Fähigkeiten als Kampfkünstler.

Ende der Neunzehnhundertzwanziger Jahre fand Ueshiba Morihei Anschluß an die “Elite” der Japanischen Gesellschaft in Tokyo und unterhielt Kontakte zu einzelnen Vertretern dieser “Elite” bis zu seinem Tod. Den Zugang zu diesen “elitären” Kreisen erlangte er nicht wegen seiner “Mystik”, sondern aufgrund seiner Kampfkunstfertigkeiten.

Schon bald nach seinem Umzug nach Tokyo fand Ueshiba Morihei großes Ansehen in der “Elite” japanischer Kampfkunstkreise. Dabei erlangte er dieses Ansehen nicht aufgrund seiner Herkunft oder eines erblichen oder ihm sonstwie verliehenen Titels. In diese Kreise eingeführt zu werden, wurde ihm ermöglicht durch Personen, die dieser “Elite” bereits angehörten (vornehmlich ranghohe Militärs), aber die Verbindung konnte nur bestätigt und aufrecht erhalten werden, indem er virtuose Kampfkunstfertigkeiten unter Beweis stellte.

Immer wieder, wenn man die Berichte von Menschen liest, wie sie Ueshiba Morihei zum ersten Mal begegneten, findet sich das gleiche Muster. Es fehlt die Beschreibung, daß jemand von seinem elitären Status oder Titel beeindruckt oder von seiner mystischen Erscheinung von Ehrfurcht erfüllt war. Alle berichten, daß sie von seinen Kampfkunstfertigkeiten überwältigt waren. Bei vielen ging dies so weit, daß sie nicht hätten sagen können, was ihnen eigentlich widerfahren war … und, wie es für Menschen typisch ist, ohne eine greifbare Deutung zur Hand wird häufig als Erklärung das Unbegreifliche herangezogen. Wie auch immer, Ueshiba Morihei kam nicht mit diesen Fähigkeiten auf die Welt, und sein Erreichen dieser Fähigkeiten kann ohne Weiteres auf sein ausgiebiges Training mit Takeda Sokaku zurückgeführt werden.  

Es war also Ueshiba Moriheis Fähigkeit als Kampfkünstler, die ihn von anderen abhob, und er hat nie etwas anderes angedeutet.  

Es ist keine Schande, Ueshiba Moriheis Fähigkeiten nicht selbst erreicht zu haben. Schließlich lebt jeder sein eigenes individuelles Leben. Es ist allerdings beschämend, die Mühen, denen Ueshiba Morihei sein Leben gewidmet hat, zu mißachten und seine Fertigkeiten auf irgendwelche übernatürlichen Kräfte zurückführen zu wollen, nur um für sich zu entscheiden, sich diesen Mühen und dieser Hingabe nicht selbst zu unterziehen und damit seinen eigenen Mangel an Fertigkeit zu entschuldigen.

Ueshiba hat Takeda Sokaku weder vergöttert noch hat er versucht aus Takedas Name oder Ruf für sich Kapital zu schlagen. Er hat seinen eigenen Weg eingeschlagen.  

Es ist ein schändlicher Bärendienst der Welt des Aikido und des Daito Ryu gegenüber, wenn man seine größten Vertreter außer Reichweite hebt und zu Legenden macht. Allzu oft geschieht es, daß das Vorbild, das man wie ein Idol verehrt, den Blick auf den wahren Kern der Sache verstellt. Und wenn dann irgendwann das, was zur “Orthodoxie” geworden ist, nicht mehr den Weg repräsentiert, dann ist das, was als “Heterodoxie” gilt, vermutlich der bessere Weg.

Denk einfach mal darüber nach. Der wirklich lohnende Weg ist häufig der am wenigsten ausgetretene Pfad. Warum ist das so? Weil er schwierig und beschwerlich ist. Weil er einsam ist. Und er mag auch erschreckend sein. Der Weg zum schnellen und einfachen Erfolg ist viel betreten, anerkannt und gut bevölkert. Die rote Pille oder die blaue Pille. Du hast die Mittel. Es ist deine Wahl.

~ Allen

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